NYFW, die Letzte: Thom Browne, Michael Kors und Norma Kamali


Übersetzt von

Aline Bonnefoy

Veröffentlicht am



12. Februar 2025

Am Dienstag gingen in New York die letzten Schauen der sechstägigen New York Fashion Week über die Bühne. Darunter die besten der Saison mit beeindruckenden Entwürfen von drei bedeutenden US-Designern – Thom Browne, Michael Kors und Norma Kamali.
 

Thom Browne: Ornithologie

 
“Der Schlüssel zur amerikanischen Mode liegt im Zusammenspiel von klassischen und konzeptuellen Elementen”, betonte Thom Browne. In seiner gewagten und vielerorts wunderschönen Show ließ er japanische Kultur mit neuenglischem Stil verschmelzen und verband sie mit seinem grauen Lieblings-Anzug und zahlreichen Vogelarten.

Thom Browne – Herbst/Winter 2025/2026 – Womenswear – USA – New York – ©Launchmetrics/spotlight

Die Show fand im Griffin Theater statt, das sich im obersten Stockwerk des Ausstellungsraums The Shed in Hudson Yards befindet. Der Raum wurde von Hunderten kunstvoll gefalteten Origami-Vögeln bevölkert, die um einen klassischen Schreibtisch herumschwärmten, auf dem ein einzelner weißer Wellensittich in einem weißen Käfig saß.
 
Dutzende Rotkehlchen, Krähen, Elstern und Falken kreisten über den Entwürfen, die mit sorgfältigen Stickereien versehen und von Stoffen mit Landhauscharakter geprägt wurden. Kammgarngewebe, Schottenkaros und Glencheck-Muster – oft in Patchworkform – wurden von britischen und irischen Webereien speziell für die Kollektion entwickelt. Die klassischen Stoffe wurden mit grafischen Strass-Streifen und Kristallmedaillons veredelt.

Thom Brownes Liebe zu Japan war allgegenwärtig: schmale, enganliegende Röcke mit kimonoartigen Jacken – und Knöpfen. Frauen und Männer trugen Maiko-Frisuren mit Kanzashi-Haarschmuck. Einige trugen auffälliges Make-up – aus den Wimpern vieler Frauen schienen Federchen zu entwachsen. Andere Models hatten geschwärzte Augenbrauen, in Anspielung an den Super Bowl am vergangenen Wochenende.
 
Gelegentlich tauchte Thom Mäntel in Wachs, wodurch sie aussahen wie aus abgenutztem Leder, in kaiserlichem Purpur oder in Rothko-Gelbtönen. Seine coolste Idee waren jedoch schräg geschnittene Cocktailkleider aus klassischen Krawatten, Kammgarngewebe und Satin.

Thom Browne – Herbst/Winter 2025/2026 – Womenswear – USA – New York – ©Launchmetrics/spotlight

 
Nach der Show verriet der Designer, dass er sich von einer kürzlich ausgestrahlten Birdwatching-Doku inspirieren ließ. Deshalb stattete er seine Models mit passenden Outdoor-Schuhen aus –riesige Wat- und Entenstiefel im LL-Bean-Stil, nur in Thoms Lieblingsfarbe Kadettengrau. Derselbe Farbton bildete die Grundlage für ein gigantisches Hochzeitskleid, getragen von Alec Wek. Unmengen von Falten, dazu eine glitzernde Jacke im Kimono-Stil – wie bereits zur Eröffnung zur Show.
 
Die Modenschauen des Designers können manchmal zu leicht akademischen modegeschichtlichen Darbietungen ausufern. Nicht so in dieser Saison, in der Thom Browne viele Barrieren durchbrach und die wohl scharfsinnigste, eleganteste und unerwartetste Kollektion seiner bereits ziemlich einzigartigen Karriere lieferte.
 
Ein passender Abschluss der New York Fashion Week. Umso mehr als Browne auch als Präsident des Branchenverbands Council of Fashion Designers of America amtiert, der für das Programm der Modewoche verantwortlich ist. Der Designer war in Höchstform und überreichte seinem Mann in der ersten Reihe, dem Mode-Kurator Andrew Bolton, zum Abschluss der Show einen Blumenstrauß.
 

Michael Kors: Dégagé in Chelsea

 
Michael Kors hat genug von Smartphones und Hyperaktivität, und brachte dies in seiner jüngsten Kollektion deutlich zum Ausdruck.

Michael Kors – Herbst/Winter 2025/2026 – Womenswear – Etats-Unis – New York – ©Launchmetrics/spotlight

Seine lässigen Schnitte mit vielen Schlabberlooks und noch mehr Taschen machten aus seiner jüngsten Kollektion die perfekte Garderobe für den kommenden Herbst – und sicherlich die entspannteste und lässigste in ganz New York.
 
“Die Welt ist verrückt. Alle zehn Minuten erhalten wir eine neue Mitteilung. Das ist einfach zu viel. Wir verbringen zu viel Zeit mit unseren Handys, und ich wollte den Menschen ein Gefühl der Ruhe vermitteln. Aber dennoch etwas, das ihnen Selbstvertrauen gibt, das sich beim Berühren luxuriös anfühlt. Etwas Besonderes, das die Zeit überdauert”, erklärte Kors vor der Show an seinem Hauptsitz in der 42nd Street.
 
Michael schickte Blazer über den Laufsteg, die so weit waren, dass ihre Bewegung sinnlich wirkte. Er zeichnete schwarze Ledertrenchcoats weich und versah sie mit gewaltigen Falten. Viele Models trugen Boyfriend-Jacken, die zwei Nummern zu groß aussahen. Die Röcke waren plissiert und asymmetrisch; während Trenchcoats aus besonders fließenden Stoffen gefertigt wurden. Jacken wiederum wirkten so umschmeichelnd wie Strickjacken.

Michael Kors – Herbst/Winter 2025/2026- Womenswear – USA – New York – ©Launchmetrics/spotlight

“Amerika ist der Ort, an dem Bequemlichkeit zum König ernannt wurde. Aber die Franzosen haben das beste Wort dafür: “dégagé”, sagte er und verwies auf ein Moodboard, das zeitlose Ikonen wie Uma Thurman und Lauren Hutton zeigte.
 
Die Kulisse war sehr wirkungsvoll – ein klarer, erweiterter Laufsteg mit einem Hauch Noguchi und George Nakashima, dessen Möbel Michael Kors sammelt. Seine Entschlossenheit, kein Material zu verschwenden, inspirierte den Designer zu einer großartigen neuen Tasche, die aus einem einzigen Stück Leder ohne Nähte gefertigt wird. Allerdings stattete Michael Kors seine Manhattan-Tasche mit künstlichem Rosshaar aus, um ihr eine besondere Note zu verleihen.
 
Insbesondere wirkte die Kollektion wie ein bewusster Gegenpol zum Überfluss. Etwa zu Kanye West und seiner Frau Bianca Censori, die bei den jüngsten Grammy Awards ein komplett durchsichtiges Kleid ohne Unterwäsche trug. “Ich werde keine Namen nennen, aber das war lächerlich. Sexyness liegt in der Bewegung”, kommentierte Kors.
 

Norma Kamali: Comeback mit einem Knall

 
Norma Kamali ist zurück – und wie. Nach einem Intensivkurs in Künstlicher Intelligenz am MIT, zeugen die neuesten Entwürfe der Designerin von einer neuen Dynamik. Die von ihr am Dienstagmorgen enthüllte Kollektion war ausgezeichnet.

Norma Kamali Herbst/Winter 2025/2026 in New York – FashionNetwork.com

Kamali organisierte ihr Comeback nach vielen Jahren im West Village, wo sie auch wohnt. Die neue Kollektion für den Herbst 2025 griff Normas Klassiker auf – wie den berühmten Schlafsackmantel oder ihre hautengen Lederlooks. Aber sie entwickelte diese weiter. Ihr Schlafsackmantel erschien mit großartigen neuen Herbstprints von Silberbirken und Laub. Und KI wird ihr dabei helfen, jegliche Kopien zu verhindern.
 
Ihre Entwürfe aus veganem Leder waren die angesagtesten in ganz New York. Hautenge Shirts; figurbetonte Rockermäntel; ausgestellte Kleider; mehrere Chauffeurjacken oder sogar Cheongsam-Kleider. Auch im Arbeiterlook, viele davon mit Fedoras, Trilbys und Bowlerhüten.
 
Normas Sinn für Futurismus zeigte sich auch in einigen cleveren Overalls – die an ihre berühmten frühen Jumpsuits erinnerten – und in tollen gefütterten Karo-Parkas für intergalaktische Reisende. Wie alles aus der Kollektion sind auch diese Entwürfe maschinenwaschbar.
 
Das Geschäft läuft gut und Händler wie Revolve und MyTheresa erzielen hohe Umsätze.
 
Nicht schlecht für eine 79-jährige Dame, die 56 Jahre nach der Gründung ihrer Marke immer noch deren Eigentümerin ist. Hut ab, Norma.
 

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