Louvre Couture: Die Mode zieht endlich in das bedeutendste Museum der Welt ein


Übersetzt von

Aline Bonnefoy

Veröffentlicht am



3. Februar 2025

“Der Louvre ist das größte Moodboard der Welt”, betonte Olivier Gabet. Der Kurator gewährte FashionNetwork.com eine persönliche Führung durch die neue Ausstellung ‘Louvre Couture’. Es ist die erste Ausstellung im berühmtesten Museum der Welt, die der modischen Schöpfung gewidmet ist.

Ein Look von Chloé in der Ausstellung ‘Louvre Couture’ – Courtesy

Die faszinierende Ausstellung “Louvre Couture” bietet einen einzigartigen visuellen Rundgang durch die Abteilung für dekorative Künste des Museums, um die enge Verbindung zwischen Kunst, Mode und Modedesignern zu veranschaulichen.
 
Viele der Modeschöpfer aus den 45 vertretenen Modehäusern waren selbst oft im Louvre. Sie ließen sich zuweilen von Ölgewänden und Wandteppichen inspirieren, um Kleidungsstücke und Accessoires zu gestalten. Manche Entwürfe sahen so aus, als befänden sie sich bereits seit Jahrzehnten in den opulenten Räumen des Museums.

Visionäre Modeschöpfer wie Karl Lagerfeld, Maria Grazia Chiuri, Azzedine Alaia und Iris Van Herpen, um nur einige zu nennen, waren regelmäßige Besucher des Museums. Das beweist auch die Ausstellung, deren vollständiger Titel “Louvre Couture, Art and Fashion: Statement Pieces” lautet.

Paco Rabanne, Balenciaga, Loewe und Gareth Pugh in der Ausstellung “Louvre Couture” – Courtesy

Seit der Eröffnung der Ausstellung hat sie bereits Hunderte von Besuchern pro Tag angezogen, die in den einzigartigen Räumen im Nordflügel des Museums bemerkenswerte und manchmal unterschätzte Gegenstände entdecken.
 
Das zeugt von der Stärke der Ausstellung. Denn üblicherweise konzentrieren sich die Besucher auf den Südflügel, der wertvolle Ölgemälde und das wohl berühmteste Kunstwerk der Welt, die Mona Lisa, beherbergt. Auf 9000 Quadratmetern können Modefans und Laien über 100 einzigartige modische Gegenstände entdecken, umgeben von einzigartigen Kunstwerken und seltenen Ornamenten. Eine informative Broschüre listet alle Ausstellungsobjekte auf, mit nützlichen Informationen, um den Besuch zu begleiten.
 
‘Louvre Couture’ umfasst Entwürfe von 1960 bis 2025, fast ausschließlich Leihgaben von den großen Modehäusern. Sie sind in den verschiedenen Räumen ausgestellt, bis hin zu den Wohnräumen von Napoleon, wo Kreationen von Jean-Paul Gaultier und Yohji Yamamoto zu sehen sind. Nur drei Objekte stammen nicht aus den Archiven der Modehäuser – drei Samtumhänge aus dem frühen 18. Jahrhundert des von Heinrich II. gegründeten und in der Revolution abgeschafften französischen Ritterordens vom Heiligen Geist. Diese scheinen unter den goldbeladenen Entwürfen von Balmain und Schiaparelli ein neues Zuhause gefunden zu haben.
 

Ein goldenes Versace-Kleid aus der Ausstellung “Louvre Couture” – Courtesy

Andere Entwürfe versprühen eine natürliche Ungezwungenheit, so ein prächtiges Versace-Kleid aus Seidenfaille, das Donatella Versace für eine Hommage-Kollektion an Giannis Motive entworfen hat. Das goldene Blattwerk und die Akanthusblätter des Prints passen perfekt zum dahinterstehenden Himmelbett aus dem Zweiten Kaiserreich. Rick Owens geschlitztes Cocoon-Kreppkleid aus der Tecuatl-Kollektion aus dem Jahr 2020 verbindet aztekische und ägyptische Elemente miteinander und passt damit hervorragend zur Ägyptomanie, die in Frankreich im frühen 19. Jahrhundert vorherrschte.
 
Stellenweise fällt es schwer, den modischen Aspekt von den eigentlichen Gegenständen zu trennen: eine Dolce & Gabbana-Handtasche aus handbemaltem Kiefernholz sieht einer Reihe von Keramikschüsseln aus Sevres zum Verwechseln ähnlich, während eine byzantinische Brosche von Chanel perfekt zu germanischen Schnupftabakdosen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts passt.
 
Die Farben des Louvre finden sich in der Modewelt wieder. Eine von Maison Lesage bestickte blau-weiße Chanel-Jacke aus der Frühjahr-Kollektion 2019 ist in denselben Farben gestaltet wie eine Kommode von Mathieu Criaerd aus dem Jahr 1742. Ein kurvenreiches Moiré-Kleid von Jeremy Scott für Moschino widerspiegelt die Rundungen eines Tisches im Boulle-Stil. Und ein goldener Pyjama-Anzug von Hubert de Givenchy – der selbst ein bedeutender Möbelsammler war – erstrahlt im selben Glanz wie ein Boulle-Schrank aus Bronzegold.
 
Ein weiteres Schlüsselelement ist die gelungene Inszenierung von Agence Nathalie Crinière. So wurde ein ottomanisches Hochzeitskleid aus Seide von Yves Saint Laurent in einem bezaubernden Raum mit geschnitzten und goldgetäfelten Verzierungen ausgelegt. Als ob sich die Braut einen Moment der Ruhe und Besinnung gönnt, bevor sie ihr Gelübde ablegt.
 

Ein Look von Alexander McQueen für Louvre Couture – Courtesy

Nicolas Ghesquières Brokatmantel aus Seide und Metall für Louis Vuitton aus dem Jahr 2018 nimmt stolz in einem Louis XIV-Salon Platz, wie auch ein Mantel von Alessandro Michele, der Flower-Power mit Anatole France verbindet.
 
Alexander McQueens vielbeachtete Debüt-Show für Givenchy aus dem Jahr 1997 umfasst einen weißen, hochgeschlossenen Generalsanzug, der problemlos von Napoleon Bonaparte hätte getragen werden können, dessen Porträt im Hintergrund hängt.
 
Auch zeitgenössische Designer sind stark vertreten – Gareth Pugh, Marine Serre, Duro Olowu und Jonathan Anderson mit seinem perlenbesetzten Trapezkleid mit Bologneser-Motiv. Oder ein heldenhafter Herrenmantel von Dries Van Noten, der den vorzüglichen Wandteppichen der Brügger Renaissance gleicht, zwischen denen er ausgestellt ist.
 
Doch die Stars der Show stammen mehrheitlich von Gabets Lieblingsdesignern: Karl, Demna und John. Karl Lagerfeld ist mit mehreren Chanel-Kreationen vertreten, darunter seine von Paris und dem byzantinischen Reich geprägte Métiers d’Art-Kollektion 2010. Ein zentrales Thema der Ausstellung ‘Louvre Couture’. Nicht zuletzt, da das Museum in ein paar Jahren eine eigene byzantinische Abteilung eröffnen will.

Ein Look von Gucci aus Louvre Couture – Courtesy

Demnas berühmte mittelalterliche Kollektion mit einem harzbeschichteten Ritter in Rüstung nimmt im Waffensaal einen Ehrenplatz ein, während der phantasmagorisch verrückte König von Galliano für Dior eine so eindeutig surreale Interpretation eines Gemäldes des Sonnenkönigs ist, dass es schade wäre, ihn jemals wieder aus dem Saal zu entfernen.
 
Der Louvre hat sich in der Tat nur langsam auf die Mode eingelassen. Er hielt die Disziplin lange auf Distanz und präsentierte sie als angewandte Kunst im benachbarten Museum für dekorative Künste (MAD), aber bisher nie im Louvre selbst.
 
Auf die Frage, ob er Mode zu den bildenden Künsten zählt, zog Gabet eine Augenbraue hoch, als ob es sich um eine Fangfrage handelte. Er konterte mit einer Gegenfrage: “Es scheint mir altmodisch, Kreativität in unterschiedliche Hierarchien einzuteilen, finden Sie nicht auch?”
 
Nun, ja, das ist es wohl.
 
Louvre Couture läuft noch bis zum 21. Juli 2025.

Copyright © 2025 FashionNetwork.com Alle Rechte vorbehalten.



Source link

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *