Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
7. März 2025
Bei der Bilanzpressekonferenz des deutschen Sportgiganten zog Björn Gulden am Dienstag seine Bilanz für das Jahr 2024: Im Vergleich zu 2023 verbesserte sich der Umsatz um 10,5 Prozent auf EUR 23,68 Milliarden. Mehrfach sprach Gulden über die Leistung seiner Produktkategorien in den USA.
Dennoch erklärte der CEO: “Mein Ziel ist es nicht, die Nummer 1 in den USA zu sein”. Aus dem Zusammenhang gerissen könnte der Satz von Bescheidenheit zeugen, doch ist der ehemalige Profifußballer als kämpferische Natur bekannt. “Ich weiß, dass die etablierten Wettbewerber viel zu weit voraus sind, um uns dieses Ziel zu setzen. Aber ich glaube, dass wir das Zeug haben, überall sonst auf der Welt die Nummer 1 zu sein, außer in den USA. Ich sehe keinen Grund, warum das nicht möglich sein sollte. Wir müssen den Managern in allen Märkten die Werkzeuge an die Hand geben, um die Nummer 1 werden zu können. Mit der richtigen Infrastruktur können wir in den USA zweistellige Wachstumsraten erzielen und einen viel größeren Marktanteil erreichen”. Das ist eine bedeutende Herausforderung: Nike erzielte im Geschäftsjahr 2023/2024 einen Umsatz von über EUR 45 Milliarden, davon mehr als EUR 19 Milliarden in Nordamerika.
“Das Marktumfeld ist schwierig, aber wir sind gut aufgestellt. Auf den Straßen der ganzen Welt tummeln sich viele Schuhe der Marke mit den drei Streifen. Die Lifestyle-Sparte sorgt für eine gute Dynamik, und das wirkt sich auf den Fußball und andere Sportarten aus. Wir werden von dieser Stärke profitieren. Wir haben die Dynamik der Fußballkultur entfacht, mit Menschen, die im Alltag Fußballtrikots tragen”. Weiter erklärt Gulden, dass er mit einer Produktpipeline in den kommenden Monaten die Attraktivität von Adidas über seine Modelle Gazelle, Spezial und Samba hinaus ausbauen will. Mit dieser Strategie will der Konzern seine Rentabilität verbessern. Nachdem sich das Betriebsergebnis zwischen 2024 und 2025 auf EUR 1,34 Milliarden fast verfünffachte, strebt der Konzern noch bessere Ergebnisse an. Für 2026 hat er sich eine Betriebsmarge von 10 Prozent zum Ziel gesetzt, nach 5,6 Prozent im Jahr 2024 und 1,3 Prozent im Jahr zuvor.

Welche Strategie wird Adidas nun verfolgen?
Natürlich setzt die Geschäftsführung weiterhin auf das Schuhangebot, das 60 Prozent des Geschäfts ausmacht. Sie setzt auf die Stärkung des Laufsportangebots, die Erweiterung des Lifestyle-Sortiments über die Terrace-Schuhe hinaus – in den USA insbesondere mit dem Superstar – und dem SL78 sowie einen breiteren Vertrieb des Textilangebots.
Vor allem aber kündigt Björn Gulden eine grundlegende Umgestaltung von Adidas an, damit der Konzern zur weltweiten Nummer 1 wird. Dafür traf der CEO eine schwierige Entscheidung: den Abbau von rund 500 Stellen am deutschen Hauptsitz in Herzogenaurach, wo ca. 5800 Menschen beschäftigt sind. Seine Vision hat die Marke mit den drei Streifen stark verändert. “Es ist keine angenehme Entscheidung, und sie ist in Deutschland natürlich nicht beliebt. Aber ich glaube, dass strategische Entscheidungen in Zeiten getroffen werden müssen, in denen die Sonne scheint. Diese Veränderung ist notwendig. Wir sind uns bewusst, dass die Geschäftstätigkeit bei wichtigen Wettbewerbern rückläufig ist. Es ist an der Zeit, dass wir die sich daraus ergebenden Chancen nutzen. Das erfordert Engagement und eine entsprechende Haltung unsererseits. Ich glaube, dass wir festsitzende interne Prozesse aufbrechen müssen, um dorthin zu gelangen, wo wir hinwollen. Unsere Struktur hat es uns ermöglicht, bis hierhin zu kommen, aber sie wird es uns nicht erlauben, viel weiterzugehen. Wir brauchen weniger Komplexität”.
An der Konferenz beschreibt der CEO die Möglichkeiten, die Anzahl Entscheidungsebenen innerhalb des Konzerns zu reduzieren, indem die regionalen Teams mehr Spielraum erhalten.

“Um neue, besser funktionierende Modelle zu finden, ist es wichtig, den Verbrauchern Gehör zu schenken”, sagt er. “Wenn man mit dem Markt auf Tuchfühlung geht, kann man genauer handeln. Man übernimmt auch die Verantwortung für den Erfolg der Maßnahmen. Dieses spezifische regionale Verständnis kann man nicht haben, wenn man Tausende von Kilometern entfernt ist. Der Hauptsitz muss die Kategorien vorgeben, die Forschung zu Innovationen antreiben und Ressourcen zuweisen … Aber er sollte nicht entscheiden müssen, wie der Vertrieb in einer Stadt oder einem Stadtteil organisiert wird. Was die Kontrolle betrifft, denke ich, dass es keine Regeln braucht, wenn man Vertrauen hat. Wir brauchen eine globale Organisation mit lokalen Denkweisen”.
Gulden erklärt weiter, dass für diesen Ansatz eine Verstärkung der Teams in bestimmten Märkten erforderlich sein könnte. Nur so können diese die Bedürfnisse bestmöglich an die regionalen Trends und Kulturen anpassen. Adidas möchte daher die Aufteilung des Produktangebots für jedes Land genauer ausarbeiten.
Durch die Übertragung der Verantwortung an die Regionen sollte sich die Marke besser mit den lokalen Sportlern und Verbrauchern verbinden können. “Die Beziehung zum Sport in den Vereinigten Staaten ist mit den amerikanischen College- und Highschool-Strukturen völlig anders als die Organisation in Europa. Für unsere Teams in Portland und Los Angeles ist es einfacher, diese Themen und deren Bedeutung für die Verbraucher zu verstehen. In China ist der Vertrieb von Sportartikeln völlig anders aufgestellt, wie auch die Einflusskanäle. Und auch mit Blick auf die Produkte ist es ein ganz anderer Markt. Wir können ein chinaspezifisches Angebot festlegen, zumal dies keine Auswirkungen auf unsere Produktion für die USA hat. Heute werden nur 3 Prozent der in den USA verkauften Produkte in China hergestellt. Wir haben bereits heute zwei getrennte Lieferketten”.
Für Björn Gulden bietet jeder Markt somit spezifische Chancen. Der lokale Ansatz soll es ermöglichen, innerhalb der großen Kategorien auf die Bedürfnisse der lokalen Verbraucher einzugehen. Beim Lifestyle-Angebot etwa mit starken regionalen Botschaftern, aber auch im Laufsport. Hier ist Gulden überzeugt, “endlich” ein solides Angebot zu haben, das sowohl mit Stil als auch Leistung punkten kann. Nicht zuletzt deshalb setzt sich der Geschäftsführer vehement dafür ein, Angebote in verschiedenen Sportarten zu entwickeln, wie z. B. Cricket für den indischen Markt oder Rugby in der Pazifikregion mit den All Blacks. Er deutet auch an, dass diese weniger marktbeherrschenden Sportarten einzigartige Ausdrucksformen für kreative Teams sind. “Das war ein historischer Vorteil von Adidas, zu dem wir zurückkehren wollen”.
Der Geschäftsführer zeigt sich für die kommenden Jahre optimistisch, trotz der Unsicherheiten im globalen wirtschaftlichen und geopolitischen Umfeld. Er hält an seinem Plan fest, den Umsatz jedes Jahr um EUR 2 bis 3 Milliarden zu steigern. Dafür stützt er sich auf sein neues Betriebsmodell, um die Bruttomarge auf 50 bis 52 Prozent zu verbessern. Für Marketingausgaben legt Gulden einen Zielwert von 12 Prozent des Umsatzes fest, die Betriebskosten sollen sich auf rund 30 Prozent beschränken. Mit diesen Maßnahmen will er die erwähnte Betriebsmarge von 10 Prozent erreichen. Die Betriebsmarge von Nike lag im vergangenen Geschäftsjahr bei über 12 Prozent.
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